Texte

Gedichte – eine Auswahl

4 Epitaphe

Laura Schiemann in memoriam


1.

leise denn
da niemand
heute kann

wahr am tag
in träumen
verirrend

achte auch
ich so klar
sang engel

 

2.
leer in uns
taste nach
grund ohne

im kreisen
der nächte
bis mir die

fragen und
unfassbar
noch nebel

 

(Dezember 2019)

4 Epitaphe

Laura Schiemann in memoriam


3.

nur dunkel
und am grab
glaube uns

ein morgen
erklärend
aber nicht

ob uns ahnt
was danach
leben muss

 

4.
singe weil
ich einmal
dahin auch

wo sie ruht
erklängen
im fremden

laut klage
dann an uns
leid getan

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Bemerkungen dazu:

Gedichte zu je drei Strophen,
Strophen zu je drei Zeilen,
Zeilen zu je drei Silben, also
Gedichte zu je 27 Silben
(Lauras Alter: 27 Jahre)

Zeilen zu je 9 Buchstaben,
mittlere Zeilen zu je 10 Buchstaben, also
Gedichte zu je 82 Buchstaben und 10 Leerschlägen, also
Gedichte zu je 92 Zeichen
(Lauras Jahrgang: 1992)

Laura Schiemann = Buchstaben der Diagonalen

(Dezember 2019)

Für Urs Peter Schneider zum 80.

Lieber Urs

Ich habe für dich zwei Gedichte geschrieben und mitgebracht – will aber zunächst etwas ausholen:

Zu deinem Geburtstag, dem 14. Februar 1939, gibt es leider kaum etwas, aus Berner Sicht eigentlich nur zweierlei, zu sagen:

1. (und ganz unerfreulich:) die Schweiz («Bern») anerkennt das Franco-Regime in Spanien
2. (und wesentlich erfreulicher:) Urs Peter Schneider wird in Bern geboren

Die Jahrzahl 1939 hingegen ist immerhin genügend – und immer noch erschreckend – prominent.
Das Erschreckende lasse ich heute gerne beiseite – und beginne dafür mit etwas Zahlenmagie:

1939 = 7(!) x 277:
277 = 59. Primzahl
59 = 17. Primzahl
17 = 7. Primzahl
7 = 4. Primzahl

der 14. Februar, der 14. 2. also:
14 x 2 = 7 x 2 x 2 = 7 x 4 = 28

und UPS im Zahlenalphabet:
U = 21, P = 16, S = 19,
Summe = 56 = 4 x 14(!) = 8 x 7 = 2 x 28

(übrigens: Zahlenalphabet ohne J:
U = 20, P = 15, S = 18,
Summe = 53 = mein eigener Jahrgang … tut aber nichts zur Sache)

(ein weiteres übrigens … tut auch nichts zur Sache: meine eigenen Zahlen = 19 + 53 + 5 + 4 = 81(!)
= UP’s Lebensjahr!)

(und noch ein letztes übrigens:
1+4+2+1+9+3+9=29
Alphabet = 26 Buchstaben + U + P + S je doppelt gezählt = 29 Buchstaben)

Und nun also die zwei Gedichte:
– Ich habe versucht, in beiden Wesentliches zu Zahlen und Wirken und Werk von UPS zu sagen;
– hinzu kommen meine Erinnerungen, mein bei UPS Gelerntes und vor allem mein Dank.
– Beide Gedichte haben also neben Zahlen, Massen und Proportionen durchaus Sinn, wenn auch vielleicht eher Hintersinn.
– Doch vor allem: sie möchten gefallen – Euch allen, doch wenigstens UPS.
– Überreichen werde ich ihm dann schliesslich: 2(!) Seiten – Schriftgrösse 14(!) Punkt
– Ich werde die Gedichte lesen, danach (formal) analysieren … und sie dann nochmals lesen.
– Sie müssen aber gut aufpassen – es sind kurze Gedichte, rasch verklungene Musik.

Für Urs Peter Schneider zum 80.


I

sei dank
ob in
tat und
leben
nur dem
lieben
ein‘ ge-

fallen
fand er
an uns
lust mit
herz und
mund zu
lehren

 

 

 

 

 

Formale Analyse:

– die 14 war auch Bachs Namenszahl (Zahlenalphabet B + A + C + H).

– Kantate «Herz und Mund und Tat und Leben» (die mit dem Lipatti-Choral) = BWV 147

– Alter/Lebensjahr UPS + Alter/Lebensjahr CM : 80/81 + 66/67 Jahre = 146/148 Jahre; dazwischen liegt – eben – die 147(!)
(… der Alterunterschied UPS/CM übrigens = 14(!) Jahre)

– 2(!) Strophen à je 7 Zeilen =14(!) Zeilen

– jede Strophe 7 Zeilen à je 2(!) Silben = je 14(!) Silben

– jede Strophe = (11 ½)11 = 7+4(!) Wörter; das getrennte (je «halbe») Wort (in der Mitte! als Verbindung der beiden Strophen) heisst «gefallen»(!)

– 1. Strophe = 39(!) Buchstaben; 2. Strophe = (43, davon1 Doppelbuchstaben)42 Buchstaben; beide Strophen zusammen = 81(!) Buchstaben = UP’s Lebensjahr

für Urs Peter Schneider zum 80.


II

Unter Umständen den Aus-
reden Babel wäre durch
Schwarze Helligkeit bald un-
persönlich im Wettstreit die

Extramusik zum Karfrei-
tag die Torte auch verstand
er in Hülle und Fülle
rein wie die Nachtigall gar

 

 

Formale Analyse:

– insgesamt 7(!) Werktitel; eine Auswahl von Werken, die unter meiner Leitung am Gymnasium Neufeld aufgeführt wurden (einer   davon, der «letzte und wichtigste», da mir persönlich gewidmet, auf beide Strophen verteilt); bei einem Titel wird etwas «geschummelt» – nur UPS wird es merken … und hoffentlich verzeihen.

– 2(!) Strophen (à 4 Zeilen)

– zitierte Titel = 2 x 14(!) Silben (in jeder Strophe je 14)

– erste Buchstaben jeder Zeile, senkrecht gelesen = URS PETER

– letzte Buchstaben jeder Zeile, senkrecht gelesen = SCHNEIDER
(dabei wieder etwas «geschummelt»: ch = 1 Buchstabe)

– jede Zeile = 7(!) Silben; jede Strophe also 4 x 7 = 28(= 2 x 14!) Silben

– 1. Strophe = 14(!) Wörter

– 2. Strophe = 83-3 (Doppelbuchstaben) = 80(!) Buchstaben

– zitierte Titel = 85-5 (Doppelbuchstaben) = 80(!) Buchstaben

Gründlichkeit

den Dingen
auf den Grund

gehen auch
der nicht grund-

losen Angst
selbst dabei

zugrunde
zu gehen

 

(2023)
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schreibe ich
nieder-

geschlagen
zum Glück

glaubst du mir
dennoch

meine ich
Schönheit und

meine Lust
auf Sommer

allein am
Abend

manchmal die
Schwermut

 

(2013)
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Winter

wäre stürbe
ich jetzt für Dich

Frühling dann im
Sommer sähe

wieder ein An-
derer – doch nicht

wie ich damals
im Herbst – wie schön

Du bist

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Winter

wäre kämest
Du nicht mehr beim

nächsten Vollmond
zurück oder

stürbe ich noch
vor dem Frühling

sähe ein An-
derer wie schön

Du bist

 

 

(2012)

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Klosternacht

die entlaubten
Bäume ringsum

              manche
              von ihnen wie
              Mönche

warten
auf neue
Triebe nach

Vollmond ist
Ostern im
Innern des

Klosters er
warten die
Mönche

               manche
               von ihnen wie
               die entlaubten

Bäume ringsum
das Halle-

lujah in der
Osternacht

(2008)

nichts ist

festzuhalten
in Gedichten

nicht der Sommer du
nicht mein Leben

vielleicht kaum
Schönheit

für die Zeit

danach

 

(2006)
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ob

du auch diesen
Winter mit
mir und da
zu früher Frost
noch grünes
Laub von den
Bäumen der Er-
kenntnis dass
das Schöne
lebensfeindlich

sei

 

(2003)
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Sündenfall

als sie Wahrheit
Unrecht nannten
um nicht länger
traurig zu sein

und fortan nur
Recht zu haben
als Glück
wahrnahmen

 

(1998/2024)

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